Vom Umgang mit Konflikten und Gerechtigkeit, um Prozesse als inneren Prozess zu verstehen

Alles ist Kommunikation. Wir sprechen nicht nur mit unseren Mitmenschen, vielleicht auch mit Haustieren und Pflanzen. Wir sprechen auch mit der Schöpfung, unserem Leben. Die einzelnen Götter und Göttinnen sind die Hüter der jeweiligen Sprache, Hüter der Ausdrucksmittel, Begriffe, Logik und Gesetzmäßigkeiten für das, was sie symbolisieren und darstellen wollen.

Justitia ist die Hüterin der Sprache der Gerechtigkeit. Wenn unser Leben mit der Göttin der Gerechtigkeit Justitia in Berührung kommt, ist es wichtig, die Sprache der Gerechtigkeit zu verstehen, ja gar zu sprechen, damit wir mit ihr, der Gerechtigkeit, kommunizieren und zu einer gerechten Lösung gelangen können.

Wie auch sonst im Leben, ist diese Sprache aber nicht fixiert, fest und unveränderlich, sondern muss mit Leben, einem aktiven Rechtsleben, gefüllt werden, was wiederum Veränderungen der rechtlichen Realität bewirkt. Justitia lebt und muss lebendig bleiben!

Auflösung von Polarisierung

Die Bedeutung der Justitia führt also zu einer lebendigen und tieferen Sicht von Gerechtigkeit, die über viele Jahrhunderte hinweg die Polarität von „gut“ und „böse“, „falsch“ und „richtig“, „schwarz“ und „weiß“ auflöst und durch neue Formen, die das „Andere“, das „Fremde“ nicht ausgrenzen, sondern im Sinne von „sowohl als auch“ integrieren, ersetzt.

Dieser tieferen Sicht folgend haben sich in der realen Juristerei bereits neue Konfliktlösungsverfahren manifestiert, wie beispielsweise der Bereich der außergerichtlichen Konfliktlösung, also Mediation, Schlichtungs- und Schiedsgerichtsverfahren. Hier geht es nicht nur um die Entlastung der Gerichte, sondern um das tiefere Erkennen, dass Lösungen (und Erlösung) aus einem anderen Prozess – als dem gerichtlichen – kommen müssen, um nachhaltig zu sein.

Wenn wir uns mit den diversen Formen der Konsensverfahren beschäftigen, erkennen wir, dass auch diese einer Vielzahl von Strukturen und Regeln unterliegen, denen sich die Parteien aber freiwillig und bewusst unterstellen. Hier ist auch das Maß des Vertrauens in den Klärungsprozess angesprochen. Je höher das Maß an Vertrauen desto geringer das Bedürfnis nach Sicherheit durch eine gerichtliche Autorität.